PFC-Belastung Flugplatz Manching: Antworten auf die Fragen der Bürgerinitiative zu den Auswirkungen auf Lebensmittel und Gesundheit
Allgemeines
Die Abkürzung "PFC" für per- oder polyfluorierte Chemikalien stellt einen Sammelbegriff für eine Vielzahl von Substanzen dar, bei denen alle oder viele Bindungsstellen an der Kohlenstoffkette durch Fluor besetzt sind. Beispiele für PFC:
PFBA: Perfluorbutansäure (4 Kohlenstoffatome)
PFBS: Perfluorbutansulfonsäure (4 Kohlenstoffatome)
PFPeA: Perfluorpentansäure (5 Kohlenstoffatome)
PFHxA: Perfluorhexansäure (6 Kohlenstoffatome)
PFHxS: Perfluorhexansulfonsäure (6 Kohlenstoffatome)
PFOA: Perfluoroctansäure (GESTIS) (8 Kohlenstoffatome)
PFOS: Perfluoroctansulfonsäure (GESTIS) (8 Kohlenstoffatome)
PFNA: Perfluornonansäure (GESTIS) (9 Kohlenstoffatome)
Im Bereich des Flugplatzes Manching treten vor allem PFHxS, PFOS und PFNA auf.
1. Welche Grenzwerte/Schwellenwerte gibt es für Lebensmittel?
Eine Höchstmengenregelung in Lebensmitteln besteht nicht. Der Beurteilung von PFC-Rückständen in Lebensmitteln ist daher eine toxikologische Bewertung für den Einzelfall zugrunde zu legen. Darin erfolgt eine Abschätzung, ob durch den Verzehr des entsprechend belasteten Lebensmittels eine Beeinträchtigung der Gesundheit möglich sein könnte. Für die toxikologische Bewertung von PFOA und PFOS hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) im Jahr 2008 duldbare tägliche Aufnahmemengen abgeleitet, die im Moment überarbeitet werden. Deshalb werden hilfsweise verschiedene neuere Bewertungen anderer Organisationen wie z. B. der amerikanischen Umweltschutzbehörde EPA aus dem Jahr 2016 (20 ng/kg Körpergewicht/Tag für PFOS und PFOA) zur toxikologischen Risikoabschätzung herangezogen.
2. Ab welchen Werten ist PFC für den Körper gesundheitsgefährlich?
Es liegen zwar viele Untersuchungen zur Schädlichkeit verschiedener PFC vor, aber es lassen sich derzeit keine hinreichend gesicherten Angaben machen, ab welchen Belastungen es beim Menschen zu klaren Gesundheitsschäden kommt. Das liegt z.B. daran, dass eine Übertragung von Tierversuchen auf den Menschen hier besonders schwierig ist und Untersuchungen an belasteten Personen teilweise unklare oder widersprüchliche Ergebnisse zeigten. Tatsache ist aber, dass selbst bei Beschäftigten, die sehr hohen Belastungen ausgesetzt waren, keine Vergiftungen oder Erkrankungen auftraten, die unzweifelhaft auf die PFC zurückzuführen waren. Weitergehende Informationen sind der Zusammenstellung "Fortschreibung der vorläufigen Bewertung von per‐ und polyfluorierten Chemikalien (PFC) im Trinkwasser" des Umweltbundesamtes zu entnehmen (https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/374/dokumente/bewertung_der_konzentrationen_von_pfc_im_trinkwasser_-_wertebegruendungen.pdf).
3. Gibt es hier Unterschiede zum Alter des Menschen (z.B. Kinder)?
Teilweise existieren Hinweise aus Tierversuchen, dass z.B. die Entwicklung von Nachkommen behandelter Muttertiere beeinflusst wird, jedoch fehlen belastbare Belege beim Menschen. So haben umfangreiche amerikanische Untersuchungen an Personen, die durch Trinkwasser deutlich belastet worden waren, keine Anhaltspunkte in dieser Richtung ergeben. Weitere Informationen sind der unter Frage 2 genannten Zusammenstellung zu entnehmen.
4. Kann der Körper PFC abbauen?
PFC sind im Körper (wie auch in der Umwelt) sehr stabil und werden nicht in messbarem Umfang abgebaut.
5. Welche Krankheiten verursacht PFC
Siehe Frage 2 und die dort genannte Zusammenstellung.
6. Wieso ist der Grenzwert in USA um ein Vielfaches niedriger
Da unklar ist, auf welche Werte sich diese Frage bezieht, lässt sie sich ohne nähere Angaben nicht beantworten.
In den USA wie auch in Europa oder Deutschland existieren diverse Richtwerte für verschiedene PFC, die sich teilweise aber auch bei denselben Substanzen deutlich unterscheiden. Letzteres hängt mit abweichenden Einschätzungen der momentanen Datenlage zusammen (siehe auch Frage 2). Nach unserer Kenntnis gibt es bisher lediglich im US-Bundesstaat New Jersey seit kurzem einen Grenzwert (im Sinn eines rechtlich festgelegten Wertes) für PFNA im Trinkwasser, während es sich bei allen anderen Werten - wie auch in Europa und Deutschland - um Richtwerte (im Sinn von Empfehlungswerten) handelt.
7. Ist eine PFC Belastung auch bei Lebensmitteln aus dem Supermarkt vorhanden
Im Großteil der Lebensmittel, die aus dem Handel entnommen und hinsichtlich PFC untersucht wurden, sind keine PFC nachweisbar. Daten hierzu aus Bayern finden sich unter
https://www.lgl.bayern.de/lebensmittel/warengruppen/wc_25_frischgemuese/ue_2008_gemuese_pft.htm
https://www.lgl.bayern.de/lebensmittel/chemie/kontaminanten/pfas/pft_fische_gewaesser.htm
Daten aus dem gesamten Bundesgebiet veröffentlicht das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) unter
https://www.bvl.bund.de/DE/01_Lebensmittel/01_Aufgaben/02_AmtlicheLebensmittelueberwachung/04_Monitoring/lm_monitoring_node.html, z. B. in den Berichten zur Lebensmittelsicherheit 2016 auf Seite 38.
8. Gibt es hier Vorschriften ob dies getestet werden muss vor lnverkehrbringen?
Eine solche Vorschrift existiert nicht. Jedoch ist jeder Lebensmittelunternehmer dafür verantwortlich, dass das von ihm erzeugte oder gehandelte Lebensmittel sicher verzehrt werden kann.
9. Trinkwasser Grenzwerte, Abwasser Kläranlage
Es sind für Trinkwasser ebenfalls keine Höchstgehalte in der Trinkwasserverordnung festgelegt, die rechtlich verbindlich einzuhalten sind. Jedoch hat die Trinkwasserkommission am Umweltbundesamt Leit- und Orientierungswerte als Empfehlungen abgeleitet, bei deren Einhaltung der Konsum des Trinkwassers als sicher betrachtet wird (siehe die bei Frage 2 genannte Zusammenstellung).
Zum Abwasser müssten sich die entsprechenden Umweltbehörden äußern.
10. Gibt es bundesweite oder sogar EU Richtwerte für die PFC Belastung von Obst, Gemüse, Feldfrüchte .....?
Siehe Frage 1.
11. Gibt es eine einheitliche Prüfmethode für Obst Gemüse ...?
Es gibt keine international standardisierte Prüfmethode für die Analyse von Lebensmitteln hinsichtlich PFC.
12. Wie wirkt sich PFC auf Früchte aus
Bei sehr hohen Gehalten im Boden wurden in Modellversuchen bei Gras Wachstumsbeeinträchtigungen beobachtet. Da PFC im Wasser löslich sind, werden die Substanzen auch aus dem Boden mit dem Wasser in die Pflanzen aufgenommen.
13. Gibt es hier Unterschiede ob Obst von Bäumen, Salat, Tomaten etc.?
Da in Obst und Gemüse aus dem Handel generell sehr selten PFC gefunden werden, ist aus diesen Daten keine Aussage zu Unterschieden bei verschiedenen Früchten möglich. In Modellversuchen hat man gefunden, dass vor allem die langkettigen PFC wie PFOA und PFOS schlecht von der Wurzel in die Stängel, Blätter und Früchte übergehen. In den Früchten finden sich auch geringere PFC-Gehalte als in den Blättern und Stängeln.
Informationen hierzu siehe u. a.:
https://www.lgl.bayern.de/lebensmittel/warengruppen/wc_25_frischgemuese/ue_2008_gemuese_pft.htm
14. Wie stark nimmt Obst PFC auf?
Siehe Frage 13.
15. Unterschiede Äpfel / Birnen / Sträucher
Daten hierzu sind dem LGL nicht bekannt.
16. Besteht ein Unterschied in der Konzentration ob Äpfel geschält werden oder nicht?
Daten hierzu sind dem LGL nicht bekannt.
17. Konkret: Ist die Schale tendenziell höher belastet?
Daten hierzu sind dem LGL nicht bekannt.
18. Wie stark nimmt Wurzelgemüse PFC auf?
Da PFC über das Wasser aufgenommen werden, gelangen die Substanzen primär in die Wurzel. Je nach Molekülgröße der Substanz ist der Weitertransport mehr oder weniger behindert.
Deshalb ist Wurzelgemüse tendenziell höher belastet als andere Früchte. Ein Modellversuch am LGL hat aber gezeigt, dass z. B. bei der Karotte der Gehalt an PFOA und PFOS in den Blättern höher ist als in der Frucht. Siehe dazu auch:
https://www.lgl.bayern.de/lebensmittel/warengruppen/wc_25_frischgemuese/ue_2008_gemuese_pft.htm
19. z.B. Karotten / Kohlrabi /Rettich
Das LGL hat bislang lediglich Karotten in größeren Serien untersucht. Ein Vergleich dieser drei Gemüsesorten ist deshalb aus den eigenen Daten nicht möglich. Daten aus der Literatur sind dem LGL nicht bekannt.
20. Besteht ein Unterschied in der Konzentration wenn das Wurzelgemüse geschält wird?
Die Schale enthält bei der Karotte ebenfalls PFC. Die Gehalte sind jedoch nicht deutlich höher als im essbaren Anteil. Deshalb ist der Unterschied in der PFC-Aufnahme zwischen geschälten und ungeschälten Karotten eher gering. Bei der Kartoffel stellte das LGL in der Schale jedoch höhere Gehalte als in der geschälten Knolle fest. In diesem Fall lässt sich die PFC-Aufnahme durch das Schälen reduzieren. Siehe dazu wieder:
https://www.lgl.bayern.de/lebensmittel/warengruppen/wc_25_frischgemuese/ue_2008_gemuese_pft.htm
Grundsätzlich sollte anhaftende Erde unter hygienischen Gesichtspunkten sorgfältig von der Gemüseoberfläche entfernt werden. So wird gleichzeitig eine Aufnahme von PFC durch belastete Erde vermieden.
21. Wie stark nehmen Strauchgemüse wie Tomaten / Gurken PFC auf?
Siehe dazu wieder:
https://www.lgl.bayern.de/lebensmittel/warengruppen/wc_25_frischgemuese/ue_2008_gemuese_pft.htm
22. Konzentration von PFC in der Schale?
Zur Konzentration von PFC in der Schale von Gurken und Tomaten sind dem LGL keine Daten bekannt.
23. Johannisbeeren / Stachelbeeren / Rhabarber
Daten hierzu sind dem LGL nicht bekannt. Das LGL untersuchte lediglich in einem Fall Brombeeren und Brombeerblätter von einem Standort, bei dem eine Belastung des Bodens mit PFC gegeben war. Dabei zeigte sich, dass PFC in den Blättern nachweisbar waren und in den Brombeeren vom Strauch nicht.
24. Wie nehmen Gartenkräuter/ Salate PFC auf?
Gartenkräuter und Salat nehmen PFC ebenfalls über die Wurzeln auf. Da es sich um Blattgemüse handelt und aufgenommenes, mit PFC kontaminiertes Wasser über die Blätter verdunstet wird, sollten Blattgemüse höhere Gehalte aufweisen als Früchte. Bei Salat ist jedoch die Vegetationszeit und damit die Dauer der PFC-Aufnahme kürzer als bei Früchten. Generell hat man bei Gartenkräuter und Salat vereinzelt niedrige Gehalte an PFC festgestellt.
25. Beispiel: Schnittlauch / Kopfsalat
Daten zu Kopfsalat aus dem Handel in Bayern finden sich unter: https://www.lgl.bayern.de/lebensmittel/warengruppen/wc_25_frischgemuese/ue_2008_gemuese_pft.htm. Schnittlauch hat das LGL noch nicht untersucht.
26. Wie nimmt z.B. Minze PFC auf?
Daten hierzu sind dem LGL nicht bekannt.
27. Beispiel: Wie verhält sich mit PFC belastete Minze wenn man die Blätter als Tee aufbrüht?
Daten hierzu sind dem LGL nicht bekannt.
28. Nimmt der menschliche Körper das PFC aus evtl. belastetem Obst und Gemüse auf? Oder wird das PFC wieder ausgeschieden?
Der menschliche Körper nimmt PFC aus Obst und Gemüse wie auch aus anderen Lebensmitteln auf und scheidet die Verbindungen wieder aus. Dies erfolgt unterschiedlich schnell. Bei längerkettigen Verbindungen beträgt die Halbwertszeit, d.h. die Dauer, nach der sich der Gehalt im Körper halbiert hat, mehrere Jahre (z.B. PFOS ca. 5-6 Jahre), bei kürzerkettigen nur wenige Tage bis Wochen (z.B. PFBA ca. 3 Tage) (siehe auch die unter Frage 2 genannte Zusammenstellung).
29. Verändert sich der Stoff PFC beim Erhitzen. (kochen / backen -> 100°C bzw. 200°C)?
Wie eingangs erläutert, handelt es sich bei PFC um eine ganze Gruppe von Stoffen. Diese sind sehr stabil. Aufgrund der im Folgenden genannten Siedepunkte (Übergang zwischen Flüssigkeits- und Gasphase, ohne dass eine Zersetzung auftritt) ist nicht zu erwarten, dass sich die PFC beim Kochen oder Backen verändern:
PFBS: 211 °C
PFHxA: 157 °C
PFHxS: 238 °C
PFOA: 192 °C
PFOS: 249 °C
PFNA: 218 °C
30. Konkretes Beispiel: Apfelkompott / Johannesbeeren - Marmelade
Da in diesen Lebensmitteln die Temperatur bei der Zubereitung nicht über 100 °C steigt, wird es zu keiner Veränderung der PFC kommen. Durch das Verdampfen von Wasser aus den Früchten kommt es zu einer Erhöhung der Gehalte, die aber gleichzeitig durch die Zugabe von Zucker, der in der Regel keine PFC enthält, wieder ausgeglichen wird.
31. Karotten oder Kohlrabi garen...
Hier gilt dasselbe wie beim Einkochen. Theoretisch könnten die PFC aus dem Gemüse herausgelöst werden und in das Kochwasser gelangen. Daten, inwiefern dies tatsächlich auch stattfindet, sind dem LGL jedoch nicht bekannt.
32. Hat der Reifegrad einen Einfluss auf die PFC Belastung?
Da die PFC-Aufnahme über die Aufnahme von Wasser durch die Pflanze erfolgt und bei einem höheren Reifegrad diese Aufnahme länger andauert, muss man davon ausgehen, dass der Gehalt an PFC mit dem Reifegrad zunimmt. Kommt es dann zu einem Wasserverlust der Frucht z. B. durch Eintrocknen, steigt der Gehalt nochmals an.