Veterinäramt
Aufgrund des Art. 71 Verordnung (EU) 2016/429 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 zu Tierseuchen und zur Änderung und Aufhebung einiger Rechtsakte im Bereich der Tiergesundheit („Tiergesundheitsrecht“) zuletzt geändert durch Art. 1 ÄndVO (EU)
2018/1629 vom 25.7.2018 (ABl. L 272 S. 11) i.V.m. § 14a der Verordnung zum Schutz gegen die Geflügelpest (Geflügelpest-Verordnung) in der
Fassung der Bekanntmachung vom 15. Oktober 2018 (BGBl. I S. 1665), sowie Art. 2 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 des Gesetzes über den gesundheitlichen Verbraucherschutz und das Veterinärwesen (GVVG) vom 24. Juli 2003 (GVBl. S. 452, 752, BayRS 2120-1-U/G), das zuletzt durch
Art. 32a Abs. 1 des Gesetzes vom 10. Mai 2022 (GVBl. S. 182) geändert worden ist, ergeht für das gesamte Gebiet des Landkreises Pfaffenhofen folgende
Allgemeinverfügung:
1. Hühner, Truthühner, Perlhühner, Rebhühner, Fasane, Laufvögel, Wachteln, Enten und Gänse (Geflügel oder in Gefangenschaft gehaltene
Vögel im Sinne des Artikel 4 Nr. 9 oder Nr. 10 VO (EU) 2016/429) dürfen außerhalb einer gewerblichen Niederlassung oder, ohne dass eine solche Niederlassung besteht, gewerbsmäßig nur abgegeben werden, soweit die Tiere längstens vier Tage vor der Abgabe klinisch
tierärztlich oder, im Fall von Enten und Gänsen, virologisch nach näherer Anweisung der zuständigen Behörde mit negativem Ergebnis auf
hochpathogenes oder niedrigpathogenes aviäres Influenzavirus untersucht worden sind. Beginn der Viertagesfrist ist der Tag des auf der
tierärztlichen Bescheinigung eingetragenen Untersuchungsdatums bzw. des Datums des Laboruntersuchungsbefundes
a) Im Fall von Enten und Gänsen sind die virologischen Untersuchungen jeweils an Proben von 60 Tieren je Bestand in einem Landeslabor oder in einem für diese Untersuchung nach der Norm ISO/IEC 17025 akkreditierten Privatlabor durchzuführen. Die Probenahme für die virologische Untersuchung hat durch eine nach § 2 Bundes-Tierärzteordnung zur Ausübung des tierärztlichen Berufes
befugte Person mittels eines kombinierten Rachen- und Kloakentupfers zu erfolgen. Werden weniger als 60 Enten oder Gänse gehalten, sind die jeweils vorhandenen Enten und Gänse zu untersuchen.
b) Im Fall von anderem Geflügel als Enten und Gänsen sind die zur Abgabe im Reisegewerbe vorgesehenen Tiere durch eine nach § 2 Bundes-Tierärzteordnung zur Ausübung des tierärztlichen Berufes befugten Person klinisch zu untersuchen.
2. Die sofortige Vollziehung der in Nummer 1 des Tenors getroffenen Regelungen wird gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 Verwaltungsgerichtsordnung
(VwGO) angeordnet.
3. Kosten werden nicht erhoben.
4. Die Allgemeinverfügung gilt am Tag nach ihrer Veröffentlichung als bekannt gegeben.
Begründung
I.
Laut Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) bei Greifswald besteht das Risiko einer weiteren Welle der Aviären Influenza („Geflügelgrippe“). Der Vogelzug hat eingesetzt und geht seinem Höhepunkt entgegen. Tiere verschiedener geografischer Herkünfte und Arten kommen auf engem Raum in
dieser Zeit zusammen. Das ist für einen Virus natürlich eine ideale Gelegenheit, weitere Wirte zu finden.
Eine effektive Maßnahme zum vorbeugenden Schutz der Nutzgeflügelbestände ist es, neben den bereits vom letzten Jahr bekannten Biosicherheitsmaßnahmen kein Geflügel unbekannter Herkunft zu kaufen und einzustallen.
Um eine weitere Ausbreitung und insbesondere den Eintrag der HPAI in Nutzgeflügelbestände in Bayern verhindern zu können, wird es aus
Sicht des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV) als fachlich notwendig erachtet, Beschränkungen der
Abgabe im Reisegewerbe zu erlassen.
II.
Das Landratsamt Pfaffenhofen ist gemäß Art. 2 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 2 GVVG sachlich und gemäß Art. 3 Abs. 1 Nr. 2 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) örtlich zuständig.
Begründung Nr. 1
Die Anordnungen zur Abgabe von Geflügel und in Gefangenschaft gehaltenen Vögel im Sinne der Nr. 1 im Reiseverkehr wurden für den Landkreis Pfaffenhofen unter Beachtung des eingeräumten Ermessens sowie des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Rahmen der geltenden
Rechtsvorschriften getroffen. Entsprechend Art. 71 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2016/429 i.V.m. § 14a Abs. 1 S. 1 und § 13 Abs. 5 S. 1 Nr. 1, S.
2 und S. 3 Nr. 1 der Geflügelpest-Verordnung wird somit die Abgabe von Geflügel und in Gefangenschaft gehaltenen Vögel im Sinne der Nr. 1
im Reisegewerbe im Landkreis Pfaffenhofen ausschließlich unter den vorgenannten Bedingungen zugelassen. Gemäß § 14a Abs. 1 S. 1 Geflügelpest-Verordnung kann die zuständige Behörde, soweit dies aus Gründen der Tierseuchenbekämpfung erforderlich ist, anordnen, dass Geflügel und in Gefangenschaft gehaltene Vögel im Sinne der Nr. 1 außerhalb einer gewerblichen Niederlassung oder, ohne dass eine solche
Niederlassung vorhanden ist, gewerbsmäßig nur abgegeben werden dürfen, soweit die Tiere längstens vier Tage vor der Abgabe klinisch tierärztlich oder, im Fall von Enten und Gänsen, virologisch nach näherer Anweisung der zuständigen Behörde mit negativem Ergebnis auf hochpathogenes oder niedrigpathogenes aviäres Influenzavirus untersucht worden sind.
Im Fall von Enten und Gänsen gilt § 13 Abs. 5 S. 1 Nr. 1, S. 2 und 3 Nr. 1 Geflügelpest-Verordnung entsprechend. Danach sind die Untersuchungen im Fall von Enten und Gänsen jeweils an Proben von 60 Tieren je Bestand in einer von der zuständigen Behörde bestimmten Untersuchungseinrichtung durchzuführen. Werden weniger als 60 Enten oder Gänse gehalten, sind die jeweils vorhandenen Tiere zu untersuchen. Die
Proben sind im Fall von Enten und Gänsen mittels eines kombinierten Rachen- und Kloakentupfers zu entnehmen. Derjenige, der die Tiere
abgibt, hat nach § 14a Abs. 1 S. 3 Geflügelpest-Verordnung eine tierärztliche Bescheinigung über das Ergebnis der Untersuchung nach § 14a
Abs. 1 S. 1 Geflügelpest-Verordnung mitzuführen. Die Bescheinigung ist der zuständigen Behörde auf Verlangen vorzulegen. Die Bescheinigung nach § 14a Abs. 1 S. 3 Geflügelpest-Verordnung ist mindestens ein Jahr aufzubewahren. Die Frist beginnt mit dem Ablauf des letzten
Tages des Kalendermonats, an dem die Bescheinigung ausgestellt worden ist. Gemäß § 14a Abs. 2 Geflügelpest-Verordnung gilt § 14a Abs. 1
Geflügelpest-Verordnung nicht für die Abgabe von Tieren, die unmittelbar zur Schlachtung verbracht werden.
Durch den Bezug von Geflügel und/oder in Gefangenschaft gehaltenen Vögeln im Sinne der Nr. 1 aus unterschiedlichen Haltungen und sogar
ggf. Arten, deren Durchmischung anlässlich des Transports und deren Weiterverteilung außerhalb von bzw. ohne Niederlassungen auf eine
Vielzahl von Tierhaltern, u.a. auch Kleinsthaltern birgt der Handel im Reisegewerbe ein erhöhtes seuchenhygienisches Risiko für die überregionale Verschleppung der HPAI. Gemessen an den gravierenden tiergesundheitlichen Folgen einer Infektion mit HPAIV für die betroffenen Tiere
sowie die marktwirtschaftlichen Auswirkungen für die Bestände sowie auch die betroffenen Regionen in ganz Deutschland, ist es zur Bekämpfung und Eindämmung des HPAI-Seuchengeschehens aktuell erforderlich, die Abgabe von Geflügel und in Gefangenschaft gehaltenen Vögeln
im Sinne der Nr. 1 im Reisegewerbe nur unter den vorgenannten Bedingungen zuzulassen. Die angeordneten Pflichten dienen der Eindämmung des aktuell hohen Seuchenverschleppungsrisikos insbesondere durch den Handel mit Geflügel und/oder in Gefangenschaft gehaltenen
Vögeln im Sinne der Nr. 1 im Reisegewerbe. Zur Verfolgung dieses Zwecks ist die Untersuchungspflicht vor Abgabe solcher Tiere eine geeignete Maßnahme, um eine Verschleppung der HPAI und das Übertragungsrisiko weitest möglich auszuschließen.
Mildere, gleich wirksame Mittel als die angeordnete Maßnahme sind nicht ersichtlich. Der Eingriff in das Grundrecht am eingerichteten und
ausgeübten Gewerbebetrieb der betroffenen Händlerinnen und Händler ist ferner angemessen, um den Handel mit Geflügel und/oder
in Gefangenschaft gehaltenen Vögeln im Sinne der Nr. 1 in der derzeitigen Situation ohne ein erhöhtes Übertragungsrisiko zu ermöglichen. Die
geforderten Untersuchungen dienen auch zur Absicherung der Handelnden, welche primär dafür Sorge zu tragen haben, dass eine Ausbreitung
von Tierseuchen verhindert wird. Ein Übertragungsrisiko auf andere Haltungen von Geflügel und in Gefangenschaft gehaltenen Vögel im Sinne
der Nr. 1 ist bei Tieren, die unmittelbar zur Schlachtung abgegeben werden, ausgeschlossen. Daher gelten die angeordneten Pflichten nach Nr.
1. für diese Tierkategorie entsprechend § 14a Abs. 2 Geflügelpest-Verordnung nicht.
Begründung Nr. 2
Die sofortige Vollziehung der Maßnahmen in der Nr. 1 dieser Allgemeinverfügung wird gemäß § 80 Satz 1 Abs. 2 Nr. 4 VwGO angeordnet, da
es sich bei der hochpathogenen aviären Influenza um eine hochansteckende und leicht übertragbare Tierseuche handelt, deren Ausbruch mit
hohen wirtschaftlichen Schäden und weitreichenden Handelsrestriktionen einhergeht. Die Maßnahmen zum Schutz vor der Verschleppung der
Seuche müssen daher sofort und ohne eine zeitliche Verzögerung greifen. Es kann nicht abgewartet werden, bis die Rechtmäßigkeit der amtlichen Verfügung zur Prävention der Seucheneinschleppung gerichtlich festgestellt wird. Insofern überwiegt das öffentliche Interesse an der
sofortigen Vollziehung ein entgegenstehendes privates Interesse an der aufschiebenden Wirkung eines eventuellen Widerspruchs.
Begründung Nr. 3
Die Kostenentscheidung in Nr. 3 dieses Bescheides beruht auf Art. 13 des Ausführungsgesetzes zum Vollzug des Tiergesundheitsgesetzes
(BayAGTierGesG).
Begründung Nr. 4
Nach Art. 41 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 4 BayVwVfG gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt bei öffentlicher Bekanntmachung zwei Wochen nach der
ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann nach Art. 41 Abs. 4 Satz 4 BayVwVfG ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden. Von dieser Vorschrift wird Gebrauch gemacht,
sodass diese Allgemeinverfügung einen Tag nach ihrer Bekanntmachung im Amtsblatt des Landkreises Pfaffenhofen als bekannt gegeben gilt.
Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach seiner Bekanntgabe Klage erhoben werden bei dem
Bayerischen Verwaltungsgericht München
Postfachanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
Hausanschrift: Bayerstr. 30, 80335 München
Hinweise zur Rechtsbehelfsbelehrung:
Die Einlegung des Rechtsbehelfs ist schriftlich, zur Niederschrift oder elektronisch in einer für den Schriftformersatz zugelassenen Form möglich. Die Einlegung eines Rechtsbehelfs per einfacher E-Mail ist nicht zugelassen und entfaltet keine rechtlichen Wirkungen!
Ab 01.01.2022 muss der in § 55d VwGO genannte Personenkreis Klagen grundsätzlich elektronisch einreichen.
Kraft Bundesrechts wird in Prozessverfahren vor den Verwaltungsgerichten infolge der Klageerhebung eine Verfahrensgebühr fällig.
Hinweise:
1. Ordnungswidrig i.S.d. des § 64 der GeflPestV i.V.m. § 32 Abs. 2 Nr. 4 des TierGesG handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig dieser Allgemeinverfügung zuwiderhandelt. Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 30.000 Euro geahndet werden.
2. Kraft Gesetzes hat derjenige, der das Geflügel abgibt, eine tierärztliche Bescheinigung über das Ergebnis der Untersuchung mitzuführen.
Die Bescheinigung ist der zuständigen Behörde auf Verlangen vorzulegen. Die Bescheinigung ist mindestens ein Jahr aufzubewahren.
Die Frist beginnt mit dem Ablauf des letzten Tages des Kalendermonats, an dem die Bescheinigung ausgestellt worden ist (§ 14a Abs. 1
S. 3-6 GeflPestV).
Pfaffenhofen, den 20.10.2022
Albert Gürtner
Landrat